04 Rezensionen

Sonntag, 16. September 2007

Rezensionen, Kommentare zu Millers Werken

Rezensionen/Inhalte/Kommentare/Zitate:


Eine Rezension von Bernd Heimberger
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Eigener Erlöser

Erica Jong: Der Teufel in Person
Henry Miller und ich.


Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1999, 383 S.

Jeder ist sein eigener Erlöser. Jeder ist sich selbst der geeignetste Ehepartner. Wenn man’s doch nur wüßte! Wenn man’s doch nur berücksichtigte! Einer soll’s wirklich gewußt haben. Berücksichtigt hat auch er nicht, was er wußte. Jedenfalls nicht im privaten Leben. Der Wissende war Henry Miller. Miller ist ein Markenzeichen der Weltliteratur, das längst nicht alle Welt kennt. Meint Erica Jong. Sie wehrt sich nicht dagegen, eine späte, geistige Tochter des modernsten aller modernen amerikanischen Autoren genannt zu werden. Jong fühlt sich geehrt, wenn ihr Roman Angst vorm Fliegen (1973) als weibliches Gegenstück zum vier Jahrzehnte zuvor veröffentlichten Miller-Roman Wendekreis des Krebses bezeichnet wird. Gemeinsam ist Jong wie Miller, daß sie als pornographische Sexisten verflucht und verdammt wurden. Gemeinsam ist ihnen die Bereitschaft zur Selbstbefreiung. Die möglich zu machen, gab es für sie nur den einen Weg: den steinigen der selbstgepflasterten Worte. Jong und Miller eint die Gemeinsamkeit, die „in dem Mut“ ist, „ein Schriftsteller zu sein“. Großartig wie die mutige Misses Jong den Ton dieses Themas kräftig anschlägt. Und zwar zu Beginn ihres Buches Der Teufel in Person. Der ist, wie nicht anders zu erwarten, der berüchtigtste aller berüchtigten Autoren. Sechs Jahre, Miller starb 1980, korrespondierten die beiden.

Das Buch der Erica Jong peitscht keine der Wogen der anschwellenden Miller-Literatur hoch. Die Kollegin ist keine Erzählerin, die dem Schriftsteller das Wasser reichen kann, wie die von ihr aufgenommenen Miller-Zitate immer wieder klarmachen. Sie ist zudem keine der Frauen, die Miller so nahekamen wie Anaïs Nin, die mehr Wahrheiten über Miller notierte, als er je über sich wußte. Jong ist nicht die Biographin, die Miller-Biographen eines Besseren belehren kann und will. Sie ist auch nicht jene konsequente Analytikerin, die strikt das selbstgewählte Thema - der Mut, Schriftsteller zu sein - durchhält. Entschieden eindeutig ist die Essayistin nur in ihrer Unentschiedenheit. Zu vieles hat sie zu sagen. Zu vieles über das Leben des Henry Miller. Zu vieles über die Frauen des Mannes. Zu viel über das sexverlogene Amerika, das Miller so lange fernhielt, daß Angst vorm Fliegen wie eine Schocktherapie wirken konnte. Zu viel über die knappe Zeit postalischer und persönlicher Begegnungen mit dem Bewunderten, der auch immer in Zweifel zu ziehen war. Zwiespalt diktierte der Autorin die Zeilen. Scheinbar unbefangen äußert sie zu Beginn des Buches über den Porträtierten: „Ich hasse ihn, weil ich ihn liebe.“ Was so leichthin, wirkungsvoll formuliert ist, ist schwer zu erklären. Zumal, wenn frau an sich willig ist, Vorbehalte gegen Miller zu widerlegen, da sie allen persönlichen Erfahrungen widersprechen. Zumal, wenn frau die Freundschaft auf keinen Fall glorifizieren möchte. Erica Jong, die Vereinfacherin, will nicht komplizieren. Wie aber über einen Propheten sprechen und dabei die Waage zwischen dem Prophetischen und Profanen halten? Erica Jong weiß in ihrer liebevollen Haßliebe zu dem alten Mann keinen letzten, endgültigen Rat. Sie lehnt die Einseitigkeit der blinden Befürworter Millers ab. Sie widersetzt sich den ignoranten Verleumdern ebenso wie den dummdreisten Verneinern. Sie muß so schwankend bleiben, weil sie auf ein gerechtes Urteil über Miller aus ist, das nie ganz gelingen kann. Sie muß in ihrem Wollen versagen. Das ist sympathisch, läßt alle Unentschiedenheit, Uneinheitlichkeit, Wiederholungen leichter ertragen. Um so dankbarer werden Verallgemeinerungen akzeptiert, die sich aus der Miller-Korrespondenz-Konfrontation ergeben und über Miller und Jong hinausweisen. Also alles, was über Befreiung im Sinne der Selbstbefreiung gesagt wird. Der Befreiung aus der Geld-Gesellschaft, Sex-Gesellschaft, Frauen-Männer-Gesellschaft. Mehr als in allen Miller-Büchern ist darüber in den Büchern von Henry Miller. Aus dem Buch der Erica Jong müßten wir uns nur den einen Satz merken: „Wenn wir Henry zensieren, zensieren wir im Grunde unsere Menschlichkeit.“ Miller ist also immer noch fürs Mahnen gut! Aber, wer hört schon auf Mahnungen, Frau Jong?
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Berliner LeseZeichen, Ausgabe 7+8/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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Das Lächeln am Fuße der Leiter

Inhalt:
Der Clown August setzt sich nieder "am Fuße der Leiter, die er gegen den Mond gelehnt hat und ist in Betrachtung verloren". Er möchte jeden Abend sein Publikum nicht bloß zum Lachen bringen, sondern den Menschen zur Glückseligkeit verhelfen. Aber alle seine unnachahmlichen Tricks rufen immer nur Gelächter hervor. Bei seinen Darbietungen verausgabt er sich bis zur Ekstase. Eines Abends fällt er nach der Vorstellung in Trance und wacht erst in seiner Garderobe wieder auf. August "flieht aus der Welt, die er kannte".

Er findet Arbeit bei einem anderen Zirkus, wo er lediglich Hilfsdienste ausübt. Eines Tages wird der Clown Antoine krank, und August hofft insgeheim, man würde ihm anbieten, an dessen Stelle aufzutreten. Dann könnte er an Antoines statt noch einmal sein Können demonstrieren. Aber er sieht ein: "Ich muss lernen, als August glücklich zu sein, als der Clown, der ich bin."

Er verlässt auch diesen Zirkus und überlegt, ob er nach Südamerika auswandern soll. Die Erkenntnis, "dass niemand zu sein, oder jemand oder jedermann zu sein, ihn keineswegs daran hindert, er selbst zu sein", versetzt ihn in einen "Taumel des Entzückens". Er bricht zusammen. Als er einen Mann in Uniform auf sich zukommen sieht, glaubt er, den "Engel der Erlösung" zu erblicken. Aber der vermeintliche "Erlöser" schlägt ihn mit einem Knüppel nieder.

Kommentar:

Henry Miller zeigt sich hier von einer ganz anderen Seite. Er überrascht uns mit einer bezaubernden Geschichte. "Von allen Erzählungen, die ich jemals geschrieben habe, ist dies die eigenartigste", sagt er selbst.

Das Märchen von einem Besessenen, der auf der Suche nach sich selbst ist, führt uns die Utopie der Selbstverwirklichung vor Augen. Mit dieser Fabel hat sich Henry Miller wohl selbst ein Denkmal gesetzt. Er schreibt im Epilog: "Der Clown ist ein handelnder Dichter. Er ist selbst die Geschichte, die er spielt."

Zum Thema Zirkus haben ihm die Bilder von Rouault, Chagall, Miró, Seurat und seine Liebe zu Clowns inspiriert. Auf den Titel des Buches haben ihn Bilder von Miró (die immer wiederkehrenden Motive Leiter und Mond) gebracht.

Erschienen ist die Erzählung 1948. Da war Henry Miller 57 Jahre alt.

Besonders zu erwähnen ist die reichhaltige Illustration mit Motiven von Joan Miró einer Taschenbuchausgabe von Rowohlt.
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Henry Miller: Ein Teufel im Paradies
Die Geschichte des Conrad Moricand,
geboren in Paris um 7 oder 7.15 Uhr abends am 17. Januar 1887, gestorben in Paris um 10.30 Uhr abends am 31. August 1954

aus:Big Sur und die Orangen des Hieronymus Bosch

Inhalt:
Im Herbst 1936 lernt Henry Miller durch seine Geliebte Anaïs Nin in Paris den fünf Jahre älteren Astrologen und Okkultisten Conrad Moricand kennen, der zwar mittellos ist und in einem einfachen Zimmer im Hotel Modial von der Hand in den Mund lebt, aber gepflegt gekleidet ist. Der vierundvierzigjährige amerikanische Schriftsteller schätzt Moricand als sprachgewandten Unterhalter, der das Französische "wie ein Dichter" spricht.

Er war vor allem ein Mensch, der Feinheiten und Nuancen liebte. (Seite 10)

Insgesamt muss ich ihm als ein ziemlich sonderbarer Heiliger vorgekommen sein. Ein frankophiler Amerikaner aus Brooklyn, ein Vagabund, ein Schriftsteller, der gerade erst seine Laufbahn anfing, naiv, empfänglich und aufnahmefähig wie ein Schwamm, an allem interessiert und scheinbar ohne Ruder umhertreibend. So sehe ich mich selbst, wenn ich an die damalige Zeit zurückdenke. (Seite 11)

Obwohl Henry Miller selbst nicht gerade reich ist, lädt er Moricand des Öfteren zum Essen ein, und um Geld zu sparen, kocht er selbst, statt ins Restaurant zu gehen. Moricand trägt stets eine frisch gebügelte Hose und ist ausgesprochen ordnungsliebend. Trotz seiner prekären Situation bevorzugt er Delikatessen. Eines Tages schenkt er Henry Miller eine Ausgabe des Romans "Seraphita" von Honoré de Balzac.

Als Henry Miller im Juni 1939 Paris verlässt, bricht der Kontakt mit Moricand ab.

Sieben oder acht Jahre lang hört Henry Miller nichts mehr von Moricand. Dann erhält er in dem abgelegenen kalifornischen Küstenort Big Sur, wo er seit fünf Jahren mit seiner Frau June Edith Smith und seiner Tochter Val lebt, einen Brief aus Vevey in der Schweiz. Moricands Lebensumstände haben sich nicht gebessert: Er wohnt in einer bescheidenen Pension und weiß kaum, wie er die Miete bezahlen soll. Henry Miller hat nicht genügend Geld, um ihn in Europa finanziell unterstützen zu können, aber er überredet seine Frau, Moricand in Big Sur als Gast aufzunehmen. Dabei verfügen sie nicht einmal über ein eigenes Schlafzimmer, sondern schlafen im Wohnzimmer. Um Moricand den Flug nach England, die Überfahrt nach New York und den Weiterflug nach San Francisco bezahlen zu können, leiht Henry Miller Geld von Bekannten.

Ende 1946 trifft Moricand in Big Sur ein. Am nächsten Morgen fragt er nach Rasierpuder, aber die Marke, die Henry Miller benützt, ist ihm nicht gut genug. Er besteht auf Yardley und erwartet vom Gastgeber, dass dieser ihm den gewünschten Rasierpuder und gutes Briefpapier im DIN-A-4-Format aus der Stadt besorgt.

Von diesem Augenblick an wusste ich, dass meine Frau Recht gehabt und ich einen schweren Fehler gemacht hatte. In diesem Augenblick spürte ich den Blutegel, den Anaïs von sich geschleudert hatte. Ich sah das verzogene Kind, den Faulpelz, der nie in seinem Leben einen Handschlag ehrlicher Arbeit getan hatte, den Habenichts, der zu stolz war, offen zu betteln, aber dem es nichts ausmachte, einen Freund bis auf den letzten Tropfen auszumelken. (Seite 42)

Er hatte eine weibliche Nase für preziöse Dinge. (Seite 48)

Damit sein Gast nicht das beschämende Gefühl zu haben braucht, nur auf Kosten seines Wohltäters zu leben, bittet Henry Miller ihn, seiner Tochter Französisch-Unterricht zu erteilen, aber Moricand mag keine Kinder und kommt mit Val nicht zurecht.

Henry Miller und seine Frau legen ein Gemüsebeet an. Weil es Moricand peinlich ist, einer Frau bei schwerer körperlicher Arbeit zusehen zu müssen, nimmt er ihr den Spaten ab. Nach einer halben Stunde kann er nicht mehr.

Um seine Nerven zu beruhigen, verlangt Moricand Codein. Henry Miller erfährt in der Apotheke, dass Codein rezeptpflichtig ist. Zwei von ihm aufgesuchte Ärzte weigern sich, ein entsprechendes Rezept auszustellen. Moricand lässt sich deshalb von einem Apotheker in der Schweiz Codein schicken, obwohl die Einfuhr in die USA verboten ist und er damit auch seinen Gastgeber in Schwierigkeiten bringen könnte.

Als Moricand über Juckreiz und aufgekratzte Beine klagt, lässt Henry Miller einen befreundeten Arzt aus einer mehrere hundert Meilen entfernten Stadt kommen. Der hält das Leiden für psychosomatisch und rät dem Schriftsteller:

"Sehen Sie zu, dass Sie ihn loswerden [...]
Die Sache ist einfach. Er will nicht gesund werden. Er möchte, dass man Mitgefühl für ihn hat und ihn betreut. Er ist kein Mann, sondern ein Kind. Ein verzogenes Kind." (Seite 71)

Nach drei Monaten klagt Moricand, er halte es in Big Sur nicht mehr aus, er sei das Stadtleben gewohnt und wolle nach San Francisco. Henry Miller versucht ihm klarzumachen, dass dies seine finanziellen Möglichkeiten übersteigt. Daraufhin will Moricand nach Monterey ins Krankenhaus gebracht werden. Weil Henry Millers Wagen seit Monaten kaputt ist, ersucht er seinen Freund Lilik – der Moricand auch schon vom Flughafen in San Francisco abgeholt hatte –, seinen Gast abzuholen. Lilik schafft es, obwohl die Straßen nach einem Unwetter kaum passierbar sind, er immer wieder Geröll wegräumen muss und die Steinschlag-Gefahr groß ist. Im Krankenhaus ist zwar kein Bett frei, aber der Arzt will sich Moricand mehrmals ansehen und schlägt vor, ihn für eine Woche in einem Hotel unterzubringen. Gleich bei der ersten Untersuchung stellt der Arzt fest, dass Moricand früher morphiumsüchtig war. Wie er die Sucht überwunden habe, fragt er, und Moricand behauptet, es sei ihm allein durch Willensanstrengung gelungen.

Statt von Monterey nach Big Sur zurückzukehren, fährt Moricand nach San Francisco, angeblich, um sich dort Arbeit zu suchen. Da er jedoch nur ein Besuchervisum hat, bekommt er keine Arbeitsgenehmigung und ist weiter auf Henry Miller angewiesen. Der Schriftsteller, der noch nicht einmal die Schulden zurückzahlen konnte, die er gemacht hatte, um seinem Gast die Reise nach Amerika zu bezahlen, ärgert sich darüber, dass Moricand behauptet, sich aufgrund seiner nicht perfekten Englischkenntnisse in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht sicher zu fühlen und deshalb ausschließlich Taxis benutzt.

Henry Millers Freund Raoul Bertrand besorgt Moricand eine kostenlose Überfahrt auf einem Frachtdampfer nach Europa, aber der sieht sich außerstande, innerhalb von zwei Tagen abzureisen und beschwert sich über die Zumutung. Bertrand versucht es mit einem Flugticket und einer längeren Vorlaufzeit, aber unter irgendeinem Vorwand verpasst Moricand die Maschine. Varda, ein anderer Bekannter Henry Millers, verschafft Moricand eine Einladung bei einer steinreichen ungarischen oder österreichischen Gräfin in San Francisco, die sich nicht nur für Astrologie und Okkultismus interessiert, sondern auch gern bizarre Gestalten in ihrem Salon hat, doch Moricand redet in der Gesellschaft kaum ein Wort, und wenn, dann schimpft er über die Eitelkeit und Dummheit älterer Emigrantinnen. Als Bertrand erneut ein Flugticket auftreibt, erklärt Moricand sich endlich bereit, nach Europa zurückzukehren – unter der Bedingung, dass Henry Miller ihm 1000 Dollar zur Verfügung stellt. Außerdem droht er dem Schriftsteller mit Enthüllungen. Der bricht daraufhin den Kontakt ab und öffnet Moricands Briefe nicht mehr.

Sieben Jahre später liest Henry Miller in der Sommer-Ausgabe 1954 der Zeitschrift "Le Goéland", dass Conrad Moricand gestorben ist. Einzelheiten erfährt er von Théophile Briant, dem Herausgeber des Blatts und Moricands letztem Freund. Irgendwie muss Moricand sich bis Herbst 1949 in San Francisco durchgeschlagen haben, dann wurde er von der Einwanderungsbehörde ausgewiesen, und Ende September 1949 tauchte er bei Théophile Briant in der Bretagne auf. Dieser brachte ihn am 17. Oktober im Hotel Modial in Paris unter, aber schließlich blieb Moricand nichts anderes übrig, als mit dem von seinen Eltern gegründeten Altersheim in Paris vorliebzunehmen. Dort erlag er am 31. August 1954 im Alter von siebenundsechzig Jahren einem Herzanfall.


Kommentar:
In dem Roman "Big Sur and the Oranges of Hieronymus Bosch" (1957; "Big Sur und die Orangen des Hieronymus Bosch", 1958) beschreibt Henry Miller sein Leben in dem abgelegenen kalifornischen Küstenort Big Sur. Im ersten Teil befasst er sich mit dem Ort, im zweiten mit den dort lebenden Menschen, und im dritten Teil – "A Devil in Paradise" ("Ein Teufel im Paradies") – schildert er, wie ein skurriler Schmarotzer in das Refugium einbricht. Diesen letzten Teil brachte der Rowohlt Verlag, der 1958 die von Kurt Wagenseil übersetzte deutschsprachige Ausgabe des Romans veröffentlicht hatte, 1961 ebenfalls in Buchform heraus. Es handelt sich um ein brillantes, mit viel Selbstironie erzähltes Kabinettstück und das faszinierende Porträt einer bizarren Persönlichkeit.

In Form eines Dialoges mit dem Schnorrer Conrad Moricand formuliert Henry Miller auch einige seiner grundlegenden Ansichten:

Mein Interesse besteht darin, dass ein Mensch aus den Möglichkeiten, die in ihm liegen, etwas macht. (Seite 66)

Ich verabscheue Menschen, die alles durch die einzige Sprache, die sie kennen, hindurchfiltern müssen, ob diese nun Astrologie, Religion, Yoga, Politik, Wirtschaft oder sonstwie heißt. Das einzige, was mir an diesem unserem Weltall rätselhaft ist, was mir zum Bewusstsein bringt, dass es wirklich göttlich ist und kein Wissen seine Tiefe ergründen kann, ist die Tatsache, dass jeder mit Leichtigkeit es so ausdeuten kann, wie er will. Alle Ansichten, die wir uns darüber bilden, sind gleichzeitig richtig und unrichtig [...] Und alle Auffassungen, die wir von dem Weltall haben, ändern es in keiner Weise ... (Seite 67)

[...] für einen Psychoanalytiker bin ich etwas anderes, für einen Marxisten wieder etwas anderes und so weiter. Was soll mir das alles? Was geht mich das an, wie euer fotografischer Apparat arbeitet? Um einen Menschen ganz und richtig zu sehen, muss man eine andere Art Kamera benutzen, man muss ein Auge haben, das objektiver ist als die fotografische Linse. Man muss durch die verschiedenen Facetten sehen, deren gleißender Widerschein uns für die wahre Natur eines Menschen blind macht. Je mehr wir lernen, desto weniger wissen wir, je besser unsere Apparatur ist, desto weniger können wir sehen. Erst wenn wir den Versuch aufgeben, etwas sehen und wissen zu wollen, sehen und wissen wir wirklich etwas. (Seite 70)

Wir wissen zu viel – und zu wenig. Der Intellekt bringt uns in Schwierigkeiten. (Seite 66)

http://emw.fh-potsdam.de/users/itdm/fpolli/Web-Site%20Miller/Sites/main-site.html


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Traugott Schneider [d.i. Reinhard Döhl] |

... der den Büffel überleben wird.

Anmerkungen zu Henry Miller:

Die Schwierigkeit, heute etwas zu Henry Miller zu sagen, besteht nicht darin, daß das Millersche Oeuvre noch nicht vollständig übersehbar ist; Henry Milier betrachtet sein Lebenswerk als weitgehend abgeschlossen; - die Schwierigkeit besteht in jenem Odium der Pornographie, in jenem Geruch des "Subskriptionsautors", die eine klerikal gesteuerte öffentliche Moral und eine für Kunst inkompetente Justiz unter Vorgabe der Moral den Büchern Millers nicht Nur in Deutschland beibrachten. Die Folge war, daß sich die Kritik zunächst in Verlegenheit sah, das Millersche Werk eben von jenem Odium der Pornographie befreien und gegen öffentliche Voreingenommenheit und Unkenntnis, gegen Mißverständnisse schreiben zu müssen. Die Folge ist in jedem Fall, daß die Dimensionen verwirrt wurden, daß der Blick getrübt ist. Deshalb scheinen uns auch die Bemühungen Günter Blöckers, Paul Hühnerfelds, Anton Böhms, ja selbst der Briefwechsel zwischen Alfred Perlès und Lawrence Durrell dem Phänomen Miller nur teilweise gerecht zu werden.

Orgasmus eines Monstrums

Bei einer intensiveren Lektüre der Bücher Millers wird man alsbald auf den Surrealismus stoßen; bezeichnenderweise beanspruchen die französischen Surrealisten Henry Miller ja auch für sich, obwohl die Kritik diesen Zusammenhang wenig oder gar nicht beachtet hat. Dabei gehören z.B. die in den Romanen mitgeteilten Träume, einige Erzählungen aus dem Sammelband "Schwarzer Frühling" u.a. augenscheinlich zu einer Literatur dieses Genres. Der von Alain Bosquet edierte und eingeleitete Band "Surrealismus 1924-1949. Texte und Kritik" enthält, mit kleinen Abweichungen, einen Auszug der Erzählung "Ins Nachtleben hinein / Ein Coney Island des Geistes" (vgl. "Schwarzer Frühling". S. 162 ff.). Und im Epilog seiner wohl gemäßigsten Erzählung, "Das Lächeln am Fuße der Leiter", schreibt Miller:

"Sie (die Geschichte) ist kein surrealistisches Dokument, dies ganz gewiß nicht. Der Prozeß des Schreibens mag ein surrealistischer gewesen sein, aber das besagt nur, daß die Surrealisten die wahre schöpferische Methode des Erzählens wieder entdeckt haben."

Wir haben diesen Zusammenhang so ausführlich belegt, weil wir ihm wesentliche Bedeutung beimessen. Nicht von ungefähr entstand Millers erstes wichtiges Buch 1931/32 in Paris, und zwar im Zusammenhang der Begegnung mit Anais Nin, ihren Büchern und Manuskripten. In "The Cosmological Eye" (1939) beschreibt Henry Miller, was ihn an der Prosa Anais Nin's so erregte, begeisterte, und er beschreibt damit auch in nuce seinen alsbald entwickelten eigenen Stil:

"Es gibt Abschnitte In ihren Tagebüchern, die aller Erklärung widerstehen, die an die Grenzen der Halluzination stoßen, des Irrsinns, des äußeren Chaos. Es gibt welche, die so grausam und revoltierend sind, daß sie unmenschlich scheinen: das sind keine Gedanken oder Gefühle mehr, sondern die rohe Essenz von Schmerz und Bosheit. Das Ganze ist wie ein blutiges Ausströmen, der Orgasmus eines Monstrums, bekränzt mit Schlangen und Juwelen, mit Galle und Arsenik"

Man sollte solche Äußerungen Millers wörtlich nehmen. Man sollte nichts dazuinterpretieren, aber man sollte auch nichts weglassen. Wenn wir in diesem Zusammenhang noch einmal an das Zitat aus dem Epilog zu "Das Lächeln am Fuße der Leiter" erinnern, so deshalb weil es in einem weiteren Sinne auf das ganze Millersche Werk anwendbar ist. So ist in der Tat kein einziges Buch Millers als Dokument des Surrealismus zu verstehen. Auch dürften weniger die Bücher der Surrealisten (die Miller sicher z.T. gekannt hat) als vielmehr ein aurrealistischer Stil, wie er ihm bei der Lektüre Anais Nin's begegnete, für jenen Stil verantwortlich sein, der seine Bücher vom "Wendekreis des Krebses" bis zu seinen letzten Publikationen (mit wenigen Ausnahmen) auszeichnet, für den ihm eigentümlichen expressiven (manchmal fast exhibitionistischen) Bekenntnisstil. (Fraglos hat aber auch Walt Whitman - von Miller wiederholt ausdrücklich erwähnt - seine Spuren hinterlassen; obwohl man das nicht überschätzen sollte).

Henry Milier steht mit seinen Büchern, vor allem mit seiner Haltung den Vorläufern des Surrealismus fraglos näher als dessen späteren Verbreitern. Sein Sinn für die Freiheit des Menschen und dessen Emanzipation, sein Lebenswille, seine Lebensbegeisterung und seine radikale Auflehnung verstehen sich folgerichtig nach dem Marquis de Sade, nach Lautréamont, nach Siegmund Freud. Was die Begegnung mit Anais Nin dazubringt, läßt sich unschwer aus einer weiteren Äußerung in "The Cosmological Eye" folgern:

"In dem Tagebuch von Anais Nin ist eine Art Verzweiflung, eine erschütternde Bemühung, eine verlorene Welt wieder herzustellen. Es ist nicht, wie manche annehmen könnten, ein freiwilliger Rückzug aus der Welt. Es ist eine ungewollte Trennung von der Welt. Jeder erfährt dieses Gefühl mehr oder weniger deutlich. Jeder, bewußt oder unbewußt, versucht, das wohlige, mühelose Gefühl der Sicherheit wiederzugewinnen, das er im Mutterleib hatte. Diejenigen, die im Stande sind, sich zu verwirklichen, erreichen diesen Zustand. Nicht durch ein blindes, unbewußtes Verlangen nach dem Leben im Mutterleib, sondern indem sie die Welt, in der sie leben, in einen wirklichen Mutterleib verwandeln."

Eine genauere Interpretation würde ohne Schwierigkeit nachweisen können, daß dieses Zitat auch einen wesentlichen Schlüssel zu Millers Büchern darstellt. Unter diesem Aspekt betrachtet verstehen sich nämlich plötzlich als selbstverständlich und ordnen sich folgerichtig ein die immer wiederkehrenden Schilderungen des Beischlafs mit Frauen aller Art, erklärt sich die Vision am Schluß des "Wendekreises des Krebses", versteht sich Millers "erotischer Mystizismus" ebenso wie seine im Grunde als anarchistisch zu bezeichnende Haltung (dies übrigens gegensätzlich zu einem auf die Seele übertragenen idealen Kommunismus der französischen Surrealisten).

Mythos des Geschlechts

Und noch ein weiterer Zusammenhang muß hier beachtet werden. Henry Milier gehört nämlich zu einer Reihe von Autoren, denen es darum geht, die "Bürde der Zivilisation" abzustoßen und gewissermaßen paradiesische Urzustände wieder zu (er)finden; einer Reihe von Autoren, die sich in einer Auswahl z. B. so liest: Lawrence, Hamsun, Giono, Jahnn, Laxness, Kazantzaki, Genet etc. Dabei hat Miller, der in der Großstadt geboren wurde

"Ich bin Lokalpatriot - mein Vaterland ist der vierzehnte Bezirk in Brooklyn, wo ich aufwuchs. Der Rest der Vereinigten Staaten existiert nicht für mich, außer als Idee oder Literatur" ("Schwarzer Frühling")

dabei hat Miller der verhaßten Zivilisation und Kultur ("Wenn ich das Wort Kultur höre, greife ich nach meinem Revolver") nicht mehr eine Landschaft, also Natur im Sinne Hamsuns oder Gionos entgegenzusetzen, sondern als allerdings gleichwertig den "Mythos des Geschlechts". Das wird sofort evident, wenn man die Begegnung mit der Frau als Begegnung mit Natur interpretiert, als Begegnung mit dem noch nicht Verformelten und Verdinglichten, oder etwas überspitzt aber durchaus im Millerschen Sinne ausgedrückt: wenn man dem Qrgasmus Naturerlebnis zuschreibt.

Auch so erscheinen die immer wiederkehrenden Beschreibungen des "Ficks" bei Miller verständlich. Daß der Stoß in die Scheide bei den von einer gehaßten Zivilisation aufgestellten Fassaden der Tabus ein Durchstoßen der "Scheidewand des Schicklichen" (Blöcker) darstellt, liegt an dieser Zivilisation, nicht am Autor, der für seinen Teil die Scheidewand zum Sein durchstößt. Es ist über unsere Zivilisation gesagt worden, daß sie als die selbsthergestellte Sphäre äußerster Bewohnbarkeit der Weit wesentlich auf Präzision beruhe; daß es keine Zivilisation ohne die Präzision gäbe, und daß Präzision technisch ein Prinzip ihres Funktionierens sei, daß es sich menschlich gesehen um eine Kategorie handele, möglicher Vernichtung zu entgehen (Max Bense). Ob unsere Zivilisation diesen universellen Zug schon hat, scheint fraglich. Trotzdem versteht sich das Millersche Werk in einem solchen Zusammenhang als ein Versuch, gegen das Prinzip des Funktionierens den "Mythos des Geschlechts", die Utopie des Mutterleibes zu errichten - um zu überleben. Die Konsequenzen und Probleme eines solchen Dilemmas liegen auf der Hand und lassen sich in Millers Büchern gut studieren.

Der Heilige und seine Engel

Im Grunde handelt es sich dabei nicht um Romane und Erzählungen in traditionellem Sinne, stattdessen um eine nicht endende Biographie. Auch daß versteht sich zunächst als eine Affinität zum Surrealismus, der weder eine surrealistische Romanform noch einen eigentlich surrealistischen Roman entwickelte; im Gegenteil eine im wörtlichen Sinne formlose Literatur.

"Der Surrealismus", memoriert Jules Monnerot, "war eine Anstrengung, um gegen alle Stürme das Fehlen der Form aufrechtzuerhalten wie eine offene Tür, welche der Wind des Seins unaufhörlich hin und her schlägt. Dieses immer bewegte Fehlen der Form will der Poesie die Möglichkeit, weiterzufahren, nicht zu sterben, zu bestehen versprechen. Die wirkliche surrealistische Poesie ist formlos wie dahinziehendes Wasser. Es gibt letzten Endes keine surrealistische Poesie. Der Surrealismus ist eine Tendenz aller modernen Poesie und zugleich das, was ihren Unterschied ausmacht" (La Poésie et le Sacré).

Der Surrealismus setzte seinerzeit dem Positivismus das Irrationale und Mythische entgegen (Henry Miller ist dafür anfällig wie kaum ein zweiter Autor). Der Surrealismus rekreierte Engel und Teufel (Henry Miller veröffentlichte Zeichnungen, betitelt: "Der Engel ist mein Wasserzeichen"; ein Teil von "Big Sur und die Orangen des Hieronymus Bosch" erschien separat als "Ein Teufel im Paradies"; in der Erzählung "Mademoiselle Claude" ("Lachen, Liebe, Nächte") erklärt Miller eine Hure schlicht für einen "Engel" und sich selbst als "Heiligen" u.v.a.m.)

Der Surrealist betreibt nach Gerda Zeltner-Neukomm eine Art Reportage in einem unübersehbaren Innenreich [Henry Miller referiert anstelle von Landschaften Gespräche, Erinnerungen, Gedanken (selbst jene, die ihm beim Beischlaf durch den Kopf schießen), er berichtet Träume]. Um Mißverständnisse auszuschließen: es geht hier nicht darum, aus Henry Miller einen "surrealistischen Autor" zu machen, vielmehr darum, Möglichkeiten zu finden, dem Phänomen Miller am leichtesten näherzukommen; wobei natürlich auch zu fragen wäre, ob der sogenannte Surrealismus vielleicht nicht doch mehr ist als ein Ismus, für eine moderne Literatur weitaus ausschlaggebender, als es eine einordnende Literaturgeschichte und -wissenschaft gerne möchte.

Wie schon gesagt sind Henry Millers Bücher als eine nicht endende Biographie zu verstehen, als Lebens-Werk in einem wörtlichen Sinne; und sie stellen damit gewissermaßen auch Musterbeispiele einer Literatur dar, die man als "Existenzmitteilung" bezeichnet hat. Henry Miller äußert sich verschiedentlich dazu. So schreibt er in dem schon erwähnten Briefwechsel an Durrel:

"Ich wollte so gern, so sehr gern Schriftsteller sein (vielleicht nicht so sehr schreiben, wie Schriftsteller s e i n). Und ich bezweifle, daß ich je einer geworden wäre, wenn ich nicht die Tragödie mit June erlebt hätte. Selbst dann, selbst als ich wußte, daß ich schreiben würde und konnte, ging meine Absicht nur dahin, die Geschichte jener Jahre mit Ihr zu erzählen, was diese Zeit mir angetan hatte, meiner Seele, wenn du es so haben willst. Denn es war der Schaden, den ich an meiner Seele erlitt, um den es sich eigentlich handelte, muß ich dir sagen. (Und ich bezweifle, ob ich das in meinen Schriften ganz klar gemacht habe!) Und so entwarf ich an jenem verhängnisvollen Tag im Park Department von Queen's County, N.Y., die ganzen autobiographischen Romane - auf einmal. Und ich habe diesen Weg erstaunlich gut durchgehalten, angesichts des Druckes aus dieser oder jener Richtung. (Der schwerste Teil kommt erst noch - Nexus - wo ich mich so enthüllen muß, wie ich war - etwas weniger als eine Null, etwas schlimmer als der gemeinste Schurke.")

Henry Miller ist literarischer Einzelgänger, Bohemien (wenn man so will), er ist gewissermaßen auch outlaw, und dies bewußt. Und so lassen sich seine Bücher auch als "ästhetische Rechtfertigung" eines Lebens auffassen, für das die Bedingungen des Außergesetzlichen gelten; keine Literatur des "es ist" sondern des "ergo sum"; "Existenzmittellung" statt "Objektmitteilungen". Es ist eine Literatur der Reflexion, die entsteht, wenn Erfahrung in Sprache eingeht, Erfahrungen, die gemessen an einer landläufigen Vorstellung von Schicklichkeit unschicklich sein mögen. Aber das ist kein Kriterium.

Und in dem Maße wie diese Erfahrungen "rein" in Sprache eingehen, "reine Erfahrung" werden, unterscheiden sich derartige Bücher vom Leitartikel ebenso wie von der Predigt wie von der Pornographie. Keine beschreibende Literatur, ist es eine Literatur, die entsteht, wenn jemand unter den genannten Bedingungen dem Prozeß des Schreibens verfällt. Sprache als Verkehrsmittel ist auch ein Mittel der Kommunikation mit sich selbst. Auch das könnte man von den Büchern Millers sagen, daß sie für den Autor eine Kommunikationsmöglichkeit mit sich selbst darstellen, Indem Erfahrungen in der Sprache objektiviert werden.

Das Buch dem Lebens

In dem wiederholt genannten Briefwechsel teilt Henry Miller noch etwas anderes für uns Interessantes mit; er schreibt:

"Hier kommt mir ein toller Gedanke: von den gläubigen Jüngern hat keiner je erwähnt, daß Jesus furzte oder auch nur sich die Nase putzte. Aber das muß er doch dann und wann getan haben! Wäre es unkünstlerisch, gotteslästerlich, unehrerbietig gewesen, solche Laute zu erwähnen? Es gibt heute noch viele, die ihm nachtragen, die nicht glauben können, daß er in seinem Todeskampf am Kreuze ausrief: '0 Gott, warum hast du mich verlassen?' Ein Erlöser sollte solche Worte nicht gesprochen haben, so sagen die einen. Und doch ist gerade dies, diese Spur von Schwäche, Zweifel oder Klage, das Menschlichste an Jesus, das ihn mit uns menschlich-allzumenschlichem Geschmeiß verbunden hält."

Wir schließen ein weiteres Zitat aus "Nexus" an:

"Noch ein anderer, fast ebenso beunruhigender Gedanke kam mir in den Kopf. Würde ich je etwas Annehmbares schreiben? Die Antwort kam mir sofort auf die Lippen: Ich scheiße darauf! / Ein dritter Gedanke: Warum war ich so auf Wahrheit versessen? / Die Antwort war hier ebenso klar und reinlich: Weil es nur die Wahrheit und nichts als die Wahrheit gibt. / Ein winziges Stimmchen machte den Einwand: "Die Literatur ist wieder etwas anderes." / Dann zum Teufel mit der Literatur. Ich wollte das Buch des Lebens schreiben. / Unter welchem Namen? / Unter dem Namen des Schöpfers. / Damit schien die Sache endgültig klar zu sein."

Beide Zitate scheinen geeignet, unsere vorgebrachten Überlegungen zu stützen und zu erweitern, Das zweite Zitat ermöglicht überdies eine Anmerkung zu Henry Millers Sprache: die Formulierungen "Buch des Lebens" und: unter dem Namen des "Schöpfers" (Thema: "Säkularisation als sprachbildende Kraft") erhöhen, formelhaft aus einem eindeutig fixierten Sprachbereich entnommen, den Kontext, der wiederum die formelhaften Relikte, Ihren sprachlichen Herkunftsbereich depraviert. Es gilt in der modernen Textästhetik als erwiesen, daß sich Texte aus der Umgebung des Surrealismus nicht durch überraschende Verteilung in der syntaktischen Dimension, vielmehr und fast ausschließlich in der semantischen Dimension der Sprache auszeichnen. Das zeigen Henry Millers Bücher deutlich. Man hat bei modernen Texten auch zwischen ästhetisch-artistischen und tendenziös-kritischen Texten unterschieden. Millers Bücher gehören fraglos zur letzten Gruppe. Millers Wortrepertoire ist immens und weist ihn als "sprachbesessenen Autor" aus. Seine Sprache ist angesiedelt in einem Zwischenbereich zwischen fixierter Formel, Zitat und "Argot". Es ist eine "Umgangssprache" im weitesten Sinne, in der alle gesprochenen Wörter verwendungsfähig sind.

Damit brechen wir unseren notwendig fragmentarischen Exkurs über Henry Miller ab. Es konnte sich dabei kaum um mehr handeln, als erstes Gestrüpp zu lichten; vielleicht ein paar Ansatzpunkte zu formulieren, mit deren Hilfe die Dimensionen zurecht gerückt werden können. Es konnte sich kaum um mehr handeln als den Entwurf eines möglichen, notwendigen Essays über Henry Miller, der noch geschrieben werden muß; eines Essays über einen Autor, dessen Lebenswerk weitgehend abgeschlossen, ein Ärgernis darstellt. In dem Maße er sich leidenschaftlich gegen Zivilisation und sozialen Wohlfahrtsstaat stellt, von der "Büffelherde" bewußt ausschließt, um sich mit einem "anderen Bewußtseinsstrom zu vereinigen, mit einer den Büffeln vorausgehenden Rasse, die den Büffel überleben wird."

[forum academicum, Jg 13, H. 3, Juli 1962, S. 18-199]

Quelle:
http://www.reinhard-doehl.de/miller.htm

A Tribute to Henry Valentine Miller

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Werke Henry Miller's


Henry Miller, Kurt Wagenseil
Wendekreis des Krebses.



Henry Miller
Nexus, Sexus, Plexus


Henry Miller
Sexus


Henry Miller, Kurt Wagenseil
Plexus.


Henry Miller
Nexus.


Henry Miller
Stille Tage in Clichy.


Henry Miller, Joan Miro
Das Lächeln am Fuße der Leiter.





Henry Miller, Kurt Wagenseil
Der klimatisierte Alptraum.


Henry Miller, Georges. Belmont
Meine Jugend hat spät begonnen.

Blaise Cendrars, Henry. Miller
Wahre Geschichten.


Anas Nin, Henry Miller
Briefe der Leidenschaft 1932 - 1953

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Merci!
Danke für deine Meinung und Hinweis, verehrter Markus. Bei...
henrymiller - 26. Feb, 00:48
Dear Snowy...
...es war der unverkennbare Schmelz in seiner Stimme,...
henrymiller - 27. Apr, 21:31
Ich dich auch, Du Nuss...Azizem...
henrymiller - 22. Jan, 18:03
NASIL KIM? HERKESE!
BUNU HERKES KENDI BILMELI!
henrymiller - 30. Okt, 23:42

Hmm...Post-Marketing Surveillance etwa!? ;-) Ruhig...
henrymiller - 23. Sep, 22:30

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That's What Friends Are...
...dedicated for my very best dear friend "Eddy" and...
HenryMiller - 26. Feb, 02:18
Merci!
Danke für deine Meinung und Hinweis, verehrter Markus. Bei...
HenryMiller - 26. Feb, 00:48
Luciano Pavarotti
Dein Nachruf auf Luciano Pavarotti ist sehr schön....
Markus Schurtenberger (Gast) - 1. Feb, 07:56
Er war und bleibt...
... einer der besten Schriftsteller die je es gab.
peter patti (Gast) - 17. Jan, 04:13
Dear Snowy...
...es war der unverkennbare Schmelz in seiner Stimme,...
HenryMiller - 27. Apr, 21:31
Sammelsurium an Aphorismen...
"Wenn es einen Menschen gäbe, der wagte, alles zu sagen,...
HenryMiller - 10. Apr, 22:11
Zu spät.
Ich bin sehr spät, leider zu spät, auf Pavarotti aufmerksam...
Snowy (Gast) - 10. Apr, 13:35
Dhammapada - Buddhas...
Glaube nicht einfach an alles, nur weil du es...
HenryMiller - 7. Apr, 22:31
Die schönsten Liebeserklärungen
Was es ist Es ist Unsinn sagt die Vernunft Es...
HenryMiller - 7. Apr, 22:12
Orientalische Liebeslyrik
28 Gedichte aus der islamischen Welt: 01. Ich trank...
HenryMiller - 7. Apr, 22:11

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